Von El Paredon fahren wir sonntags wieder zurück nach Antigua, um von dort aus eine Vulkanwanderung zu machen. Die Wanderung wird von vielen Veranstaltern angeboten, allerdings haben wir auf unserer gesamten Reise immer wieder von einem speziellen Veranstalter gehört und dabei immer nur Gutes. Das heißt bei genau dieser Agency haken wir also sofort nach unserer Ankunft in Antigua nach. Wir hoffen spontan auf einen Platz im Laufe der kommenden Woche. Wir haben Glück und können gleich dienstags mitkommen – gebongt!


Danach geht’s mit all unserem Gepäck zu unserem Stammhostel um auch dort nachzufragen, ob spontan zwei Nächte frei sind bis Dienstag. Auch hier haben wir Glück und können uns wieder an die Höhe in Antigua aklimatisieren bevor es noch höher geht auf den Vulkan.
Dienstags heißt es früh aufstehen, um 07 Uhr morgens ist Treffpunkt bei der Agency. Wir suchen uns Klamotten aus für die Vulkanwanderung, es werden mindestens drei Lagen empfohlen. Eher mehr.
Das heißt wir suchen uns Pullis, Fleecewesten, Jacken, Mützen, Handschuhe und Hosen aus. Und Wanderstöcke, die wurden uns auf unserer Reise ebenfalls mehrfach geraten für die Vulkanwanderung. Ich weiß noch nicht, was ich davon halte, aber schaden werden sie nicht – also packen wir auch die Wanderstöcke ein. (Wie sich später während der Wanderung rausstellt, sind diese Dinger ein echter Gamechanger!)
Außer Klamotten packt jeder Wanderer seinen Proviant in den Rucksack und zusätzlich 4,5 Liter Wasser. Ein Liter davon wird beim Basecamp an die Küche abgegeben, damit für die Wandergruppe gekocht werden kann. Genau, am Basecamp gibt es keinen Strom, keine Heizung, keine Sanitäranlagen und kein fließend Wasser. Entweder regelt die Natur oder man bringt selbst mit, was man braucht. Ich hab rund 5 Lagen dabei, außerdem zwei Regenponchos und der Rucksack fühlt sich auch genau so an. Die 10kg hab ich ganz sicher geknackt auf der Wanderung den Vulkan hoch (aber sind ja auch 4,5 Liter Wasser dabei, die werden sukzessive weniger).
Anschließend frühstücken noch alle gemeinsam und dann geht’s schon mit dem Bus los in Richtung Acatenango. Wir sind ca. 1 Stunde unterwegs bevor wir am Startpunkt der Wanderung ankommen. Jetzt kommt der anstrengende Teil.


Und es dauert wirklich gar nicht lange, da geht die Pumpe schon richtig. Die Strecke umfasst zwar nur rund 7 Kilometer, ist aber ausschließlich bergauf und meistens steil. Merkt man sofort. Also ich jedenfalls.
Kurz nach unserem Start fängt es dann auch noch an zu regnen. Erst ein bisschen und dann immer stärker. Die Ponchos sind gut angebracht, aber Socken und Schuhe sind natürlich nach kurzer Zeit komplett durchnässt. Zum Glück ist das Wandern so anstrengend, dass man den kalten Füßen mit eigens erzeugter Körperthermie wunderbar entgegenwirkt.


Eine junge Engländerin läuft zu diesem Zeitpunkt immer noch im Tshirt durch den Regen, allerdings weint sie – sie ist komplett nass (klar, ohne Poncho) und friert entsprechend. Die Wanderung ist zwar anstrengend, aber das Wetter ist nass, kalt und windig. Mit ein paar nassen Füßen geht noch, aber die junge Frau friert furchtbar. Wie gut, dass ich Holzkopf zwei Ponchos hochgeschleppt hab. Was mich da geritten hat weiß ich nicht, im Nachhinein war’s aber gut so. Jeden Tag eine gute Tat, die Karmapunkte für den Tag hab ich also schon eingesammelt.
Aber Karmapunkte hin oder her, am Wandern hab ich leider nur wenig Spaß. Mein Bergtourette setzt ein und ich bin eventuell ein kleines bisschen am fluchen auf dem Weg nach oben. Irgendwo muss der Ärger über die blöde Idee mit dieser Wanderung ja hin, also brummle ich eben vor mich her. Der Regen prasselt so laut auf die Plastikkapuzen und mich hört sowieso niemand. Hätte mich während des Aufstiegs jemand gefragt, ob ich die Wanderung nochmal machen würde, ich hätte vermutlich NEIN geschrien. Die Laune ist aber trotzdem gut, und die meisten Wanderer in unserer Gruppe machen das beste aus der Situation. Es wird immer noch gelacht, auch von mir 😉
Nachdem wir im Basecamp angekommen sind, ist der Ärger über den Aufstieg auch fast sofort verflogen. (Im Video hab ich meine Meinung über die Wanderung kurz & äußerst eloquent zusammengefasst.) Ich möchte es immer noch kein zweites Mal machen, aber schön war’s irgendwie trotzdem. Eigentlich hat man vom Basecamp auch eine wunderbare Aussicht auf den Vulkan und die Eruptionen (yes, er ist noch aktiv)…
Nur wir leider nicht, der Nebel und die Wolken sind so nicht, man könnte sie schneiden. Wenn’s läuft, dann läuft’s. Immerhin regnet es nicht mehr bzw. es nieselt nur ein wenig zwischendurch.



Die meisten der rund 25 Wanderer sammeln sich recht schnell ums Lagerfeuer, um sich aufzuwärmen. Wir haben nämlich immer noch alle nasse Füße und auf knapp 4.000m Höhe ist es mit Temperaturen von -5°C bis +5°C ganz schön frisch. Ben’s dicke Jacke ist bei der Wanderung nass geworden und entsprechend keine Hilfe gegen die Kälte. Ich hab zum Glück zuviele warme Sachen dabei und kann Ben eine dicke Jacke geben. Mein Karmakonto füllt sich rapide bei dieser Wanderung. Jetzt nur noch ein Eichhörnchen in Not retten und ich wäre durch für‘s Jahr mit der Sammelei.
Es steht eigentlich noch eine zweite Tour für den Tag an. Wir erreichen das Basecamp gegen 14 Uhr und nach einer ordentlichen Pause soll um 16.30 Uhr eine freiwillige 4h Tour näher an den Vulkan starten. Da die Sichtverhältnisse aber leider wirklich bescheiden sind, entfällt der Trip (wir würden sowieso nichts sehen). Wir verschieben die Tour auf den nächsten Morgen in der Hoffnung, dass das Wetter dann besser ist (Start der Wanderung um 3 Uhr in der Früh).
Den Rest des Nachmittags verbringen wir in der Gruppe im Zelt am Basecamp mit den anderen Wanderern, tauschen Geschichten aus und lachen viel. Bekocht werden wir mit Linsencurry und gegen 19.30 Uhr geht’s dann ins Bett. Schließlich hofft ein Teil von uns (Ben, 4 weitere und sogar ich), dass es am nächsten Morgen noch die Chance gibt näher an den Krater zu wandern.



Es ist gräßlich kalt, aber die Schlafsäcke sind zum Glück sehr dick und wir bekommen schwere Wolldecken dazu. Außerdem schlafen wir zu acht in einem kleinen Blechtipi, da wird’s auch nochmal etwas wärmer drin. Man schwitzt zwar nicht, aber es ist gerade warm genug zum Schlafen. In der Nacht hören (und spüren) wir immer wieder die Eruptionen des Vulkans. Wenigstens das, wenn wir ihn schon nicht sehen.

Nachts regnet es wie aus Eimern und stürmt. Ich wache mehrfach in der Nacht auf. Aber nie schaue ich dabei auf die Uhr, aus Angst davor, dass es gleich Zeit ist den Schlafsack zu verlassen und nochmal 4 Stunden durch den Regen zu wandern. Bei dem Wetter, gar keine Lust. Irgendwann wache ich auf, weil mir tatsächlich zu warm ist. Ich setze mich im Schlafsack auf und ziehe eine meiner drei Schichten aus. Als ich mich wieder hinlege, spüre ich ganz deutlich ich, wie schnell mein Herz schlägt. Normalerweise komme nicht aus der Puste davon, mir sitz-liegend eine Fleeceweste auszuziehen. Krass, was die Höhe ausmacht!
Ich traue mich schlussendlich doch, auf die Uhr zu sehen. Es ist 3.30 Uhr – wir hätten eigentlich schon um 2.45 Uhr geweckt werden sollen für die Tour zum Krater. Da uns die Guides nicht geweckt haben, war die Sicht also zu schlecht und die Tour ist entfallen. Es gibt noch die Möglichkeit den Gipfel zu besteigen, die Wanderung dauert ca. 1,5 Stunden. Von dort aus kann man den Sonnenaufgang und den Vulkan sehen – bei guten Sichtverhältnissen versteht sich.
Wie ich also mit heftig klopfendem Herzen da liege, frage ich mich, ob ich wirklich noch höher steigen möchte zum Gipfel. Nein, eigentlich nicht. Ben geht es ähnlich. Wäre die Sicht klar, wären wir auch auf den Gipfel gestiegen, aber als die Tour startet ist es genau dieselbe Nebelsuppe wie am Abend davor. Keine Chance. Wir setzen uns stattdessen mit einem Niederländer dorthin, wo das Lagerfeuer war und beobachten von dort den Vulkan. Bzw. die Wolken. Ganz kurz klart das Wetter auf und wir hoffen schon fast den kompletten Vulkan wenigstens einmal zu sehen… aber so schnell wie es aufgeklart ist, verschwindet der Fuego wieder im Nebel. Eine Stunde sitzen wir früh morgens zu dritt im Kalten und warten auf eine Eruption bei guter Sicht (Eruptionen gab es mehrere, aber gesehen hat man sie eben nicht). Um kurz vor 5 Uhr geben wir uns geschlagen und legen uns wieder in die Blechzelte.



Gegen 6 Uhr kommen die anderen Wanderer zurück – die Gipfeltour musste aufgrund Regen und Sturm vorzeitig abgebrochen werden, gesehen haben die anderen auch nichts. „Ihr habt alles richtig gemacht“ ist die einhellige Meinung und ich freue mich schon ein bisschen über die Extrazeit im Schlafsack. Um 7 Uhr gibt’s Frühstück und danach machen wir uns an den Abstieg.

Beim Abstieg haben wir Glück mit dem Wetter und es regnet nicht. Der Rucksack ist auch um einiges leichter, das Trinkwasser ist fast komplett getrunken und einige der Schichten haben wir an, anstatt sie im Rucksack zu tragen. Müssen die gesammelten Karmapunkte vom Vortag sein. Der Abstieg dauert nur etwa 2 Stunden, aber gegen Ende zieht sich der Abstieg dann doch. Ich bin einfach keine Wanderin. Am Ende lasse mich von der Schwerkraft vorantreiben und trabe die steilen Stücke mehr und bremse weniger. Jedenfalls an den Stellen, an denen das möglich ist. Man muss echt aufpassen bei jedem Schritt, ständig ist man am Rutschen.
Gegen Ende lässt meine Konzentration nach und ich rutsche immer häufiger. Und es kommt wie es kommen muss: Einmal legt es mich dann auch, wie schon einige vor mir. Der Rucksack fängt aber das meiste ab. Leider kugelt mich der Rucksack aber auch in Richtung eines tiefen Grabens am Rand – ich kann mich aber noch abfangen (aka. ich hab den Seestern am Boden gemacht, um zu bremsen) und rapple mich wieder auf. Muss fies ausgesehen haben, drei Wanderer stürzen auf mich zu und fragen ganz besorgt ob alles ok ist. Ich hab mir nichts getan, nicht mal ein blauer Fleck mit dem ich hypochondern könnte. Also weiter geht’s, ich bin jetzt wirklich durch mit diesem Wandern und freue mich auf den warmen Bus. Ohne weitere Zwischenfälle geht’s dann auch zurück nach Antigua.
In Antigua angekommen, geben wir dem Veranstalter wieder all die ausgeliehenen Klamotten und Rucksäcke zurück, danach gehen Ben und ich noch etwas zu Mittag essen. In 3 Stunden kommt unser Shuttle nach Guatemala City, denn morgen fliegen wir aus dem Regen in die Sonne: nach Ecuador in Südamerika!



PS: Fazit der Wanderung. wir haben ein klitzekleines bisschen Lava gesehen, die zum Glück so weit runter gelaufen ist, dass sie aus der Wolkendecke vorgeschaut hat. Also 4 Funken in der Ferne. Dafür sind wir auch nur ca. 4,5 Stunden steil durch den Regen bergaufgewandert. Hat sich also auf alle Fälle gelohnt!
Wenn mich jetzt nochmal jemand fragen würde, ob ich die Wanderung wieder machen würde: JA (oh, der Mensch vergisst so schnell). Aber definitiv nicht in der Regenzeit. Die Bilder und Videos von Eruptionen, die ich gesehen habe, sind atemberaubend. Um das live zu sehen würde ich mich schon nochmal hochschleppen. Aber dann bitte bei besseren Chancen auf klare Sicht. ✌️

😂😅😂
Das war ein offensichtlich Erlebnis der besonderen Art und ich leide schon beim Lesen mit euch 🙈
Muss ich, ich durchlebe gefühlt wieder mal alles live, so interessant und kurzweilig hast du wieder geschrieben 😉 nur der Seestern bereitet mir Schwierigkeiten, Gott sei Dank bin ich nur in Gedanken ausgerutscht 😂😂😂
Laura, ich warte schon wieder gespannt auf deine Fortsetzung 💪😊