24.03.-01.04.2022
Nice, endlich wieder richtig viel Wasser um uns rum! Wir sind von Valladolid erstmal mit dem Bus nach Playa Del Carmen und von dort mit der Fähre übergesetzt auf die Insel Cozumel. Es gibt hier eine (Haupt-)Stadt San Miguel mit rund 80.000 Einwohnern, richtige Straßen und richtige Autos – also erstens deutlich größer als Holbox und zweitens irgendwie weniger Aussteiger-Vibes.
Macht aber nichts: in Holbox war der Strand der absolute Hammer, aber der Sand so fein, dass er permanent aufgewirbelt ist. Für zwei passionierte Schnorchler also ein Albtraum, weil man im knietiefen Wasser nicht mal mehr seine Füße richtig sieht.
Ganz anders jetzt auf Cozumel: glasklares Wasser und man kann beim Schnorcheln bis 20m auf den Grund schauen! Jede Menge bunte Fische, Hummer, Korallen, Schwämme, Seesterne… man sieht einfach alles.
Aber eigentlich sind wir nicht zum Schnorcheln hier. Denn eine unserer lieb gewonnenen Bekanntschaften von Holbox (Grüße gehen raus an Mark!) hatte uns dringend empfohlen auf Cozumel den Tauchschein zu machen.
Davor hatten wir Cozumel überhaupt nicht auf dem Schirm und hatten auch nicht vor hierherzukommen, geschweige denn überhaupt einen Tauchschein zu machen. Aber nachdem Mark so geschwärmt hatte, wurde der nicht vorhandene Reiseplan angepasst. Und hier sind wir jetzt!
Nach ein paar Tagen zur Orientierung auf der Insel (wir haben ja keinen Zeitdruck), mehreren Umzügen (hier hatten wir weniger Glück mit unseren Unterkünften) und jeder Menge Recherche zu Tauchschulen (es gibt hier >300), war es endlich soweit.
Sonntag Abend kurz vor Acht auf eine Tauchschule festgelegt, Montag morgens geht’s schon los um neun. Alright, da war einer der Tauchlehrer sehr spontan.


Tag 1, Montag morgen: Der Tauchlehrer fragt uns, was wir an Theorie können. „Nada.“ die Antwort. Klar, nicht so schnell auftauchen kennt jeder. Aber sonst?
Macht nichts, unser Dive Instructor Gerardo („Jerry“ für alle Gringos, die seinen Namen nicht aussprechen können) erklärt uns im Schnelldurchlauf die wichtigsten Punkte für den ersten Tag, während wir schon dabei sind uns in die Neoprenanzüge zu quetschen. Alright, immer noch wenig bis keine Ahnung vom Tauchen aber die Basics sind klar: behalte deine Maske auf dem Kopf und nur durch den Mund atmen, da hängt die Sauerstoffflasche dran. Gut, dann kann’s jetzt losgehen. Nach ca. 10m Tiefe und rund 1,5 Stunden tauchen wir wieder auf. Ob es uns gefallen hat? Aber hallo!
Dann große Ernüchterung: bis morgen bitte 170 Seiten Tauchtheorie lernen, wir werden abgefragt. Ok ok, schon lange keine Hausaufgaben mehr gehabt. Nach dem Tauchen erstmal was essen und den Rest des Abends Theorie in den Kopf klopfen. Ich bin das noch gewohnt mit dem Büffeln, aber Ben hat irgendwann überhaupt keine Lust mehr.
Tag 2, Dienstag morgen: Wir werden erstmal abgefragt, was wir an Theorie gelernt haben, ob wir es kapiert haben und ob wir die aufgegeben Quizze richtig beantworten konnten. Soweit so gut, die ersten 170 Seiten Theorie haben wir tatsächlich ganz gut drin. Dann geht’s ab zum Wasser.
Heute steht Notfall Training auf dem Plan. Masken und Atemgerät „verlieren“ im Wasser, dem Tauchbuddy Luft geben bzw. vom Buddy bekommen, auftauchen mit Safety Stop (remember, nicht so schnell auftauchen, erst dekomprimieren!) und auftauchen ohne Safety Stop, wenn’s mal ganz dumm läuft unter Wasser und die Luft ausgeht. Also rein ins Wasser, irgendwo um die 5m Tiefe und üben für den Ernstfall.
Long story short: Ben schlägt sich hervorragend, zieht sich die Maske und das Tauchgerät unter Wasser ab als ob er Aquaman wäre. Is‘ klar, keine 2 Minuten später bin ich dran.
Ich bekomme Panik bei den Übungen, schieße mehrfach nach oben an die Oberfläche. Uncool. In 5m ist das zwar ok, sowas sollte mir aber nicht passieren, wenn wir weiter unten sind. Fun Fact: das Atemgerät abziehen fällt mir leichter als die Maske runterzuziehen. Dabei ist atmen deutlich wichtiger als klar sehen. I mean, ohne Maske ist zwar unangenehm und unscharf unter Wasser, geht aber. Schöne Sch****. Egal, da muss ich durch. Wenn ich den Tauchschein will, muss ich die Übungen nun mal bestehen.
Nach diesem Tauchgang bin ich mir aber nicht ganz so sicher, ob ich das wirklich will. Da unten ist’s ja schön, aber die Panik eben nicht. Mein Kopf steht mir im Weg und ich habe Angst vor der Angst…
Was das jetzt heißt? Emotional: Ich will weg. Rational: Meine Panik ist unbegründet, außer Salzwasser verschlucken passiert mir nichts mit dem Instructor daneben. Und wir sind auch nicht so tief, dass es gefährlich wäre. Außerdem habe ich 400€ für den Spaß bezahlt und war lange genug im Schwabenländle. Also mache ich selbstverständlich weiter! Für das Geld will ich auch die Zertifizierung haben.
Also üben, üben, üben bis ich die Panik in den Griff bekomme. Ich schwimme in niedrigeres Wasser (2m), gehe wieder runter. Erstmal das Atemgerät abziehen. Dann wieder runter und Maske abziehen, nochmal runter und nochmal Maske abziehen. Dann weiter in tieferes Wasser, nochmal runter und nochmal Maske abziehen…
Ca. 1 Stunde, viel verschlucktes Salzwasser später und nervlich angespannt hab auch ich das Wesentliche in der Praxis „gemeistert“. Nicht so souverän wie Ben, aber ich bin auch nicht mehr panisch dabei. Ich kann meine Maske unter Wasser wieder aufsetzen und freimachen, und wenn ich das Atemgerät verliere, weiß ich auch was zu tun ist. Ich fühle mich (fast) unbesiegbar!
Der zweite Tauchgang an dem Tag ist überragend. Gestern noch hab ich so fest auf das Atemgerät gebissen, aus Angst es unter Wasser zu verlieren, dass mir der Kiefer richtig weh getan hat nach dem Tauchen. Seit den Emergency Übungen im ersten Tauchgang heute brauche ich das schon nicht mehr. Cool!
Dann üben Ben und ich noch wie wir uns gegenseitig Luft spenden, wenn einem von uns der Sauerstofftank versagt. Wie schleppt man einen anderen Taucher ab, wenn dieser müde ist oder nicht mehr richtig reagiert.
Es taucht sich gleich viel entspannter, wenn man weiß was im Ernstfall zu tun ist. Bin also back on track und wieder beim richtigen Mindset angekommen: Tauchen ist der Knaller! Wenn man nämlich erstmal unten ist, ist alles andere irgendwie auch egal. Die Welt unter Wasser wirkt friedlich, beruhigend und ist wunderschön.
Die Stunde im Wasser fühlt sich an wie 20 Minuten, es ist verrückt. Unter Wasser ist die gesamte Wahrnehmung irgendwie anders.
Ich bin trotzdem fix und alle vom Tag, und wir haben nochmal ca. 120 Seiten Theorie in den Büchern vor uns…. Yay!
Tag 3: Zwei Open Water Dives stehen an, das heißt wir fahren mit dem Boot raus und tauchen dort. Wir müssen Tauchcomputer lesen können, Tauchgänge planen und unter Wasser navigieren.
Rückwärts vom Boot fallen lassen ist neu, und ich bin (schon wieder) etwas nervös. Himmel, was ist eigentlich los mit mir? Trotz Nervosität schaffe ich es mit den 30kg Gepäck auf dem Rücken rückwärts vom Boot zu plumpsen. Geschafft!
Unter Wasser ist aber schon wieder alles vergessen. Wir tauchen direkt ab auf ca. 15m Tiefe. Ben und unser Tauchlehrer sind schon unten, ich brauche allerdings ein kleines Weilchen, denn ich kann mein rechtes Ohr nicht richtig ausgleichen.
Also muss ich immer wieder ein klein wenig nach oben schwimmen, versuchen mein Ohr in den Griff zu bekommen und dann wieder weiter runter. Aber auch ich schaffe es auf die 12m zu den anderen beiden. Dann wird am Grund weitergeschwommen und ab da sinken wir viel langsamer ab. Langsam aber stetig bis auf knapp 21m unter Wasser. Wahnsinn!
Wir sehen viele große, kleine, witzige, bunte Fische, Anemonen, Schwämme, Krabbentiere, und Korallen. Und gegen Ende des ersten Tauchgangs kommt uns ein ca. 2m langer Hai entgegen. Das Spannende: ich war panisch bei den Übungen am Vortag, während wir den Hai im Wasser ganz nah beobachten, bin ich völlig ruhig. Der Moment ist nicht angsteinflößend, sondern einfach nur friedlich und schön.
Beim zweiten Tauchgang sprechen wir über den verbliebenen Stickstoff im Körper vom ersten Tauchgang und wie das den zweiten Tauchgang beeinflusst. Wir haben weniger Zeit unter Wasser, damit sich nicht zu viel Stickstoff im Körper anreichert.
Jetzt wird außerdem navigiert. Und rückwärts ins Wasser fallen lassen geht auch viel besser beim zweiten Mal. Aber ich habe immer noch Probleme beim Druckausgleich meines rechten Ohrs beim direkten Abtauchen in die Tiefe. Dauert also wieder ein bisschen länger, aber schlussendlich komme ich auch unten an.
Dann sind wir am Abgrund des Riffs. Wir sind auf ca. 20m Tiefe und links von uns geht es laut Gerardo ca. 1.000m weiter in die Tiefe. Wir tauchen schließlich nur auf einem Plateau. Die Luft wird langsam weniger und wir machen uns an den Aufstieg. Dabei werden wir noch mit einem durchs Wasser fliegenden Stachelrochen belohnt.
Zurück an Land, geht’s in die Tauchschule. Eine letzte Theorieprüfung – bestanden! Wir haben es geschafft und sind jetzt PADI zertifizierte Open Water Diver. Wir bekommen direkt die ersten 5 Tauchgänge ins Logbuch eingetragen und können damit nun (nach ausreichend Training) bis zu 40m tief tauchen gehen. Geil!

Darauf gibt’s erstmal Pizza und ein Siegerbierchen mit unserem Tauchlehrer, er hat das wirklich hervorragend gemacht!

Obwohl weder Ben noch ich vorhatten einen Tauchschein zu machen, sind wir jetzt umso glücklicher einen zu haben. Die Unterwasserwelt live zu beobachten, ist atemberaubend.
Und das mesoamerikanische Riff, das wir hier angefangen haben zu erkunden, ist das zweitgrößte Riff weltweit. Es erstreckt sich entlang mehrerer Länder, so dass wir auch in Belize und Nicaragua dort entlang tauchen möchten, um noch mehr davon zu entdecken.
Nach 5 Stunden im Wasser und auf dem Boot, plus der Prüfung bin ich allerdings platt. Nach 3 Stunden Nickerchen bin ich immer noch durch. Mein rechtes Ohr fühlt sich seltsam an, als ob Watte drin wäre und ich höre nicht richtig damit.
Tags drauf ist mein Ohr noch nicht besser. Ich habe zwar (noch) keine Schmerzen, aber auch gar keine Lust auf eine ausgewachsene Entzündung. Also ab in die Apotheke und Tropfen besorgen, bis Belize will ich soweit fit sein, dass ich dort tauchen kann!